Wie weiter nach dem Fahrverbotsurteil ?

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Sicherung der individuellen Mobilität und des Gesundheitsschutzes gehören zusammen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 27. Februar 2018 entschieden, dass Fahrverbote auf Grundlage des deutschen Rechtes in Städten und Kommunen verhängt werden können. Insofern können Fahrverbote angeordnet werden, wenn keine anderen Maßnahmen mehr dazu dienen, die EU-Grenzwerte für die Stickstoffdioxidkonzentration einzuhalten. Darüber hinaus muss die Maßnahme verhältnismäßig sein. Bei der Fortschreibung der sogenannten Luftreinhaltepläne können somit die Länder beziehungsweise Städte und Kommunen Fahrverbote in Erwägung ziehen und in ihre Luftreinhaltepläne aufnehmen. Die schriftliche und ausführliche Begründung des Urteils steht noch aus und wird einige Wochen brauchen.

Um die Schadstoffbelastung der Luft schnell und wirkungsvoll zu senken, sind jetzt Maßnahmen notwendig um Fahrverbote verhindern.

  1. Kurzfristige Maßnahmen:

Die einzige sofort wirksame Maßnahme für saubere Luft ist die Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen der Euro-5-Norm. Die Autohersteller müssen eine für Verbraucher kostenlose Software- und Hardware-Nachrüstung sicherstellen. Nur so werden die Fahrzeuge dauerhaft sauber und erreichen die Abgasnorm Euro6d.

Die Höherstufung auf die Euro-6d-Norm muss im Anschluss an die Nachrüstung durch den Hersteller bestätigt und ebenso in den Fahrzeugpapieren vermerkt werden. Dazu bedarf es außerdem einer gesetzlichen Regelung, damit die Höherstufung von Euro-5-Norm auf Euro-6d-Norm auch tatsächlich erfolgen darf. Im Interesse der Verbraucher muss dies unbedingt erfolgen. Denn nur dann dürfen sie weiterhin uneingeschränkt ihr Fahrzeug nutzen.

Saubere Dieselfahrzeuge müssen uneingeschränkt genutzt werden können!
Deshalb sollte die sogenannte Umschlüsselung für alle Fahrzeuge möglich sein, die tatsächlich die Grenzwerte für die Abgasnorm Euro-6d einhalten. Das heißt, alle Euro-5-Fahrzeuge die nachweisen können, dass sie sauber sind, sollten auf Euro-6 hochgestuft werden können.

Dass die Automobilindustrie bis heute kein Interesse an einer Hardware-Nachrüstung der Bestandsfahrzeuge hat, lässt sich einfach nachvollziehen. Der Automobilindustrie geht es um den Verkauf von Neufahrzeugen. Da diese aber für den Dieselskandal und somit auch für die drohenden Fahrverbote maßgeblich verantwortlich ist, muss sie handeln. Den Verbrauchern darf nicht der schwarze Peter zugeschoben werden.

Das heißt, bis zum 1. September 2019 hat die Automobilindustrie nun Zeit, die Hardware-Nachrüstungen durchzuführen. Denn um die Verhältnismäßigkeit herzustellen, dürfen Euro-5-Fahrzeuge laut Fahrverbots-Urteil nicht vor dem 1. September 2019 mit Fahrverboten belegt werden. Diese Zeit sollte ausreichend sein. Die Automobilindustrie muss aber dringend und jetzt das Thema Nachrüstung anpacken.

Darüber hinaus muss die Garantie für die Nachrüstung durch den jeweiligen Hersteller übernommen werden, unabhängig davon, wer die Nachrüstung vornimmt (Hersteller oder Kfz-Werkstätten).

In einem weiteren Schritt ist die Bundesregierung am Zug.

II. Politische Maßnahmen, zweiter Schritt:

Die Bundesregierung muss die blaue Plakette einführen. Nur die blaue Plakette stellt sicher, dass nachgerüstete und damit saubere Fahrzeuge in die betroffenen Zonen/Gebiete einer Stadt einfahren dürfen. Darüber hinaus muss die sogenannten Umweltprämie (Umtauschprämie) für alle Diesel-Fahrzeuge mit der Euro-4-Norm oder älter verlängert werden.

III. Langfristige Maßnahmen, um die Schadstoffbelastung der Luft wirkungsvoll zu senken, dritter Schritt:

  • zukunftsfähige Ausgestaltung des ÖPNV – mit mehr Kapazitäten, kürzeren Taktfrequenzen, attraktiven Tarifsystemen und insgesamt einem einfacheren Zugang und natürlich elektrischem Antrieb auch bei Bussen und Taxen,
  • Ausbau des Radverkehrsnetzes, mit Ausbau der Radschnellwege und Schaffung sicherer Abstellanlagen sowie eine intelligente Vernetzung der Verkehrsträger untereinander,
  • konsequente Förderung der Elektromobilität, d.h. die Förderung muss die Mehrkosten des E-Antriebs, im Vergleich zu einem analogen Fahrzeug mit konventionellem Antrieb, weitestgehend kompensieren,
  • Verkehrsvermeidung durch Verlagerung, intelligente Verkehrsführung und Vernetzung, denn insbesondere im städtischen Verkehr steckt hier viel Potenzial,
  • Ausbau von Park-and-ride-Parkplätzen für Pendler mit direktem Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr, inklusive Schaffung von Stellplätzen für Carsharing-Fahrzeuge sowie für Fahrräder; diese Parkplätze gilt es auch an den Knotenpunkten von Autobahnen auszubauen, um z.B. Mitfahrgelegenheiten zu erleichtern.

Darüber hinaus ist die deutsche und internationale Automobilwirtschaft gefordert, nur noch saubere Autos auf den Markt zu bringen. Die Modellvielfalt der Fahrzeuge mit Euro-6d-Norm muss schneller erweitert werden. Es wäre ein gutes Signal der Automobilwirtschaft, würde sie die Euro-6d-temp-Norm überspringen und gleich Euro-6d-Fahrzeuge ohne Wenn und Aber anbieten.

Die Städte und Kommunen sind gleichermaßen gefragt wie die nationale Politik. Die Städte und Kommunen sollten vorangehen, den Schulterschluss suchen und gegenseitig von Best-Practice-Beispielen lernen sowie die Fördermittel im Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ ausschöpfen.

Fazit: Die Sicherung der individuellen Mobilität und des Gesundheitsschutzes gehören zusammen. Die Schadstoffbelastung der Luft kann und muss dauerhaft und wirkungsvoll gesenkt werden. Dann bedarf es auch keiner Fahrverbote.

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